April 2021: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung veröffentlichte einen Brief unserer deutschen Kontaktfrau der WHRC. Darin benennt sie das Konzept "Genderidentität" als sexistisches soziales Konstrukt und kritisiert die Medikalisierung von Kindern, die Rolle des medizinischen Industriekomplexes, den affirmativen Ansatz sowie die esoterische Sprache des Arztes kritisierte, auf dessen Gastkommentar sie sich bezieht.
Zum Gastkommentar von Thomas Lempp „Transgender in der Praxis“ (F.A.Z. vom 30. März): Ich wundere mich, wie sehr eine esoterische Sprache von Teilen der ÄrztInnenschaft bereits übernommen wurde, sobald es um das Thema Genderidentitäts-Ideologie geht. So spricht Herr Lempp in seinem Gastbeitrag von „Zuweisungsgeschlecht“. Nein, Geschlecht wird nicht „zugewiesen“, sondern bei der Geburt wahrgenommen. Und das ist in den meisten Fällen ein einfacher Vorgang. Jemand ist auch nicht „als Mädchen aufgewachsen“ (was meint er denn hiermit?), sondern jemand ist ein Mädchen oder ein Junge und wird unweigerlich zur Frau oder zum Mann. Das Geschlecht ist nicht änderbar.
Auch die Erwähnung, als Arzt vielleicht ein „straight ally“ zu sein, führt die Menschen aufs Glatteis. Denn es suggeriert, das medizinische beziehungsweise Modelabel „Geschlechtsdysphorie“ und „Transgender“ habe eine Verwandtschaft mit Lesbisch- und Schwulsein. Lesben und Schwule jedoch wollen nichts an ihrem Körper ändern lassen, negieren das Geschlecht in seiner leiblichen Form nicht und nehmen das Geschlecht in seiner herkömmlichen Bedeutung sogar zum Ausgangspunkt ihrer sexuellen Orientierung.
Dieselben Bauchschmerzen bereiten mir Konzepte wie das von Herrn Lempp postulierte „Geschlechtsempfinden“. Man möchte ihn fragen: Können Sie Ihr eigenes „Geschlechtsempfinden“ beschreiben, ohne dabei in eine Aufzählung von Geschlechterstereotypen abzudriften? In meiner fünfjährigen Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin wie auch in meinem Psychologiestudium habe ich von diesem ominösen „Geschlechtsempfinden“ nämlich nie etwas gehört. Und auch in meinem eigenen Leben kann ich mit diesem sexistischen Konstrukt wenig anfangen.
Der Glaube, dem anderen Geschlecht „anzugehören“, ist keine „Entwicklungsvariante“, sondern eben ein Glaube. Er basiert nicht auf Fakten, sondern auf Gefühlen und einer postulierten Identität. Die Unterstützung der Kinder, die sich im „falschen Körper“ wähnen, kann nicht darin bestehen, diesen Glauben selbst zu übernehmen, sondern darin, diesen Glauben, der nach dem „affirmativen Modell“ unweigerlich zu schädlichen hormonellen und chirurgischen Eingriffen führt, zu hinterfragen. Die Engländerinnen sagen dazu: Jemand muss hier der Erwachsene im Raum sein. Genau dem verweigert sich Herr Lempp aber offensichtlich.
Wir müssen verstehen, dass „trans“ eine von MedizinerInnen hervorgebrachte Erfindung ist. Das heißt nicht, dass Kinder und Jugendliche nicht glauben, dass das Label „trans“ ihre Gefühle und ihr Erleben tatsächlich beschreibt. Es ist dennoch eine Erfindung. Und deshalb ergibt es auch keinen Sinn, von „Trans-Personen“ zu sprechen. Denn was genau soll das sein? Ich stelle mir drei Möglichkeiten hier als Antwort vor. Entweder es beschreibt eine Symptomatik, im Sinne einer Geschlechtsdysphorie, also das Leiden an dem geschlechtsbezogenen Körper. Dann möchte ich diese Menschen nicht auf dieses Leiden reduzieren. Sie bleiben trotz des Leidens Mädchen und Jungen, Männer und Frauen und sind mehr als ihre Symptome. Schließlich sagen wir auch nicht „Depressions-Menschen“, „Angst-Menschen“ oder „Schizophrenie-Menschen“. Oder meint Herr Lempp damit eine Identität? Wenn wir uns diese genauer anschauen, ist es jedoch eine Identität, die erstens auf traditionellen Geschlechterstereotypen beruht, zweitens an Medikalisierung gekoppelt ist und drittens Dissoziation (Loslösung vom eigenen Leib) normalisiert. Alles nichts Erstrebenswertes, was es zu beklatschen gilt.
Wir müssen auch verstehen, dass hinter der Trans-Agenda der industrielle Medizin-Komplex (IMK) mit steigenden Gewinnspannen unvorstellbaren Ausmaßes steht. Ärzte wie Herr Lempp sind eigentlich Geschlechtsrollen-Ärzte. Sie diagnostizieren Geschlechterrollen und tragen mit ihren Interventionen dazu bei, dass sich Geschlechterrollen verfestigen. Wir werden in ein paar Jahren sehen, dass diese Gender-Medizin zu den größten Medizinskandalen in der Geschichte gehört. Nichts, worauf jemand stolz sein könnte, daran mitgewirkt zu haben.
Quelle: Briefe an die Herausgeber
Lesen Sie hier einen ins Deutsche übersetzten Artikel unserer argentinischen Kontaktfrau Maria J. Binetti über die Schattenseiten des soeben errungenen Abtreibungsgesetztes in Argentinien (05.01.2021).
Offener Brief von Frauenrechtlerinnen gegen die Aufnahme des Begriffs „Geschlechtsidentität“ in die deutsche Gesetzgebung, hier am Beispiel des kürzlich verabschiedeten Konversionstherapieverbots (26.04.2020).